Herrscher, Künstler, Architekten Oktober 2014

König Friedrich II. von Preußen

Der Schurke von einem Fritz

Friedrich der Große ist ein kaum zu fassendes Phänomen. Weder für seinen Vater, der sich an ihm die Fäuste blutig schlug, noch für die regierenden Zeitgenossen in Europa, die seinen Machthunger im Zaum halten wollten.

Und auch nicht für die Nachwelt, in der Historiker zahllose Bücher füllen und gefüllt haben, um die Facetten seines Denkens, Fühlens und Handelns zu beschreiben und zu analysieren. All dies liest sich höchst interessant, doch die Persönlichkeit Friedrichs des Großen bleibt voller Widersprüche, die er durch eine gekonnte Selbstinszenierung noch untermauerte. Er lebte in Extremen, die sich wie ein roter Faden durch sein Leben zogen.


Als der Preußensprössling am 24. Januar 1712 das Licht der Welt erblickte, ahnte niemand, dass er als Friedrich der Große in die Geschichte eingehen sollte. Vor allem nicht angesichts seiner ersten 18 Lebensjahre, die er nur mit Glück überlebte. Sie waren geprägt durch die Mutter Sophie Dorothea von Braunschweig-Lüneburg-Hannover (1687-1757) und den Vater König Friedrich Wilhelm I. in Preußen (1688-1740) - eine spannungsreiche Allianz von kunstsinniger Ambition und dynastischem Ehrgeiz sowie pietistischem Pflichtbewusstsein und jähzorniger Gewalt. Dazwischen pendelten die neun überlebenden Kinder des Herrscherpaars. Besonders Friedrich stand, nach dem Tod zweier älterer Brüder nunmehr Kronprinz, im Rampenlicht.

Das Reiterdenkmal Friedrichs II. in Berlin, Unter den Linden. Die Restaurierung des Denkmals aus Bronze unterstützte die Deutsche Stiftung Denkmalschutz 1997 und 1999 mit insgesamt über 500.000 Euro.  
Berlin, Reiterdenkmal Friedrich II. © Roland Rossner, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn
Das Reiterdenkmal Friedrichs II. in Berlin, Unter den Linden. Die Restaurierung des Denkmals aus Bronze unterstützte die Deutsche Stiftung Denkmalschutz 1997 und 1999 mit insgesamt über 500.000 Euro.

Sich in Szene zu setzen, lernte er schon früh, schließlich war er ein Kind des Barock. Seinen Vater nahm er nicht zum Vorbild. Der Soldatenkönig war dem Jungen zu bodenständig, spartanisch und vor allem zu militärisch. Da lag ihm seine Mutter näher. Musisch und literarisch interessiert, modebewusst und weltgewandt, lebte Sophie Dorothea seit dem Jahr seiner Geburt im Berliner Schloss Monbijou. Sie vertrat die Ansicht, dass ihre Kinder zu Höherem geboren seien. Schließlich war sie die Tochter Georgs I., der in Personalunion Kurfürst von Hannover und König von Großbritannien und Irland war.

Friedrich genoss die Besuche bei der sehr verehrten Mutter. Dort konnte er seinen musischen und wissenschaftlichen Neigungen frönen, gab sich modisch und verschwenderisch. Sein Vater hielt von alldem nichts. Er wollte vielmehr den Kronprinzen mit strenger Erziehung auf seine verantwortungsvolle Aufgabe vorbereiten. Dem Vater intellektuell weit überlegen und bar jeder erdrückenden Gläubigkeit, ließ Friedrich alle Bemühungen abprallen und "stopfte seinen Kopf weiter mit unnützem Wissen voll". Dies brachte den Soldatenkönig derart in Rage, dass er "den Schurken von einem Fritz" mit drastischen Strafmaßnahmen und zunehmend lebensbedrohlicheren Prügelattacken zur Raison zu bringen versuchte.

Flötenspiel und Schläge

Friedrich fügte sich nicht, sah vielmehr im eigenen Tod die Erlösung vom Vater, bis der Vater-Sohn-Konflikt in der missglückten Flucht Richtung England 1730 eskalierte. Nur durch den politischen Druck von außen ließ der Vater davon ab, den Achtzehnjährigen wegen Hochverrats zum Tode zu verurteilen. An seinem Sohn hatte er das Exempel statuieren wollen, dass niemand, nicht einmal der Kronprinz, dem Königreich Preußen ungestraft schaden durfte. Friedrichs acht Jahre älterer, weltgewandter Fluchthelfer Hans Herrmann Katte musste dafür büßen, und der inhaftierte Friedrich hatte bei der Hinrichtung seines Freundes zuzusehen.

Ein Wendepunkt in Friedrichs Haltung? So scheint es, aber wohl keiner in seiner Einstellung. Er unterwarf sich dem König, schwor der von ihm oft als Argument vorgebrachten Prädestinationslehre ab, nach der Gott das Schicksal des Menschen unabänderlich vorherbestimmt, trat in Militär- und Verwaltungsdienste ein und willigte in die Heirat mit Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel-Bevern ein. Damit hatte der Soldatenkönig endlich seinen Willen durchgesetzt sowie den wichtigen politischen Beweis erbracht, dass Preußen ein treuer Anhänger Habsburg-Österreichs war. Friedrich seinerseits entkam dem Küstriner Gefängnis und erlangte trotz der Eingeständnisse endlich die ersehnte Freiheit.

An der Dorfkirche von Wust (Fischbeck) in Sachsen-Anhalt befindet sich die Familiengruft, in der Friedrichs 1730 hingerichteter Freund und Fluchthelfer, Hans Hermann von Katte, bestattet ist.  
Wust, Dorfkirche © Roland Rossner, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn
An der Dorfkirche von Wust (Fischbeck) in Sachsen-Anhalt befindet sich die Familiengruft, in der Friedrichs 1730 hingerichteter Freund und Fluchthelfer, Hans Hermann von Katte, bestattet ist.

Er wurde im fernen Neuruppin stationiert und fand auf Schloss Rheinsberg sein erstes "sanssouci". Unabhängig vom Vater konnte er dort wissenschaftliche und landwirtschaftliche Studien betreiben, Philosophie, Musik und Literatur genießen und mit seinem neuen Freund Wenzeslaus von Knobelsdorff Architektur- und Stadtbaupläne schmieden. Für Elisabeth Christine (1715-97) war es vermutlich auch die angenehmste Zeit mit Friedrich. Ob er nun homophil war - was er auf keinen Fall hätte öffentlich zugeben können, denn darauf stand die Todesstrafe -, ob er an Syphilis litt oder ob er Frauen einfach nicht anziehend fand, stets hatte er betont, es werde für ihn kein Eheleben geben. In Rheinsberg führten sie wenigstens gemeinsam einen geselligen Haushalt, als König verbannte er seine Gattin später nach Schloss Schönhausen, während er Potsdam zu seiner Residenzstadt erkor. Sein geliebtes Schloss Sanssouci sollte sie nur einmal in seiner Abwesenheit betreten, nämlich 1757, als die Österreicher Berlin besetzten und Elisabeth Christine nach Magdeburg fliehen musste. In Rheinsberg setzte Friedrich sich auch mit seiner zukünftigen Aufgabe als König auseinander, indem er den "Antimachiavell" verfasste, eine Streitschrift, in der er seine Vorstellung von einem guten Fürsten darlegte.

1740 schenkte Friedrich seinem eng vertrauten Kammerherrn Michael Gabriel von Fredersdorf das Gut Zernikow bei Rheinsberg.  
Gut Zernikow © Roland Rossner, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn
1740 schenkte Friedrich seinem eng vertrauten Kammerherrn Michael Gabriel von Fredersdorf das Gut Zernikow bei Rheinsberg.

1740 starb Friedrich Wilhelm I., und er bestieg als König Friedrich II. den Thron. Bald zeigte sich, dass der Soldatenkönig ihn durchaus geprägt hatte. Der bodenständige Praktiker, der sein kleines, zerfasertes Land erhalten und schützen wollte, hatte stets intensiv an dem Aufbau eines stehenden Heeres gearbeitet, war von der Effizienz eines straff geführten Verwaltungsapparats überzeugt, förderte die Wirtschaft und hinterließ einen soliden Finanzhaushalt. Friedrich, der sich selbst als erster Diener seines Staates postulierte, begann, ihn zu begreifen.

Den Geist des Vaters zeitlebens im Nacken spürend, hatte Friedrich sich eines geschworen: Preußen musste mächtig und groß werden. Er selbst wollte im Reigen der Mächtigen Europas auf Augenhöhe mittanzen. So ergriff er die sich nächstbietende Gelegenheit: Er überfiel 1740 ohne Kriegserklärung Schlesien und berief sich dann auf wenig haltbare Erbschaftsansprüche. Europa war über diesen dreisten Angriffskrieg empört. Mit dem Tod Kaiser Karls VI. 1740 war das Haus Habsburg im Mannesstamm ausgestorben. Bereits 1713 hatte der Kaiser versucht, gegen zähen Widerstand die Nachfolge seiner Töchter durch die Pragmatische Sanktion zu sichern. Nun war der Ernstfall eingetreten, und Friedrich nutzte die geschwächte Position Habsburgs um die junge Erzherzogin Maria Theresia von Österreich (1717-80) aus. Er verleibte sich die Provinz Schlesien ein, die Preußen um das bereicherte, was es nicht hatte: Bodenschätze, Landwirtschaft, Manufakturen und Städte. Sein Vater, der stets einen "ungerechten Krieg" abgelehnt hatte, wäre vermutlich wieder in Wut geraten.

Wendig auf dem Weg zum Ruhm

Für Schlesien zahlte Friedrich einen hohen Preis an Kriegen, Soldaten und Jahren. Aber er tummelte sich von da an im Kreis der Großmächte, schloss Bündnisse und brach sie wieder, führte den Zweiten Schlesischen Krieg und war am Österreichischen Erbfolgekrieg beteiligt. Als Preußen sich mit England zusammenschloss, kam es zum "renversement des alliances", in dem alle Großmächte die Seiten wechselten. Österreich ging mit dem alten Erzfeind Frankreich ein Verteidigungsbündnis ein, Russland mit Schweden. Der Hintergrund war ein erbitterter Krieg um Vormacht auf den Weltmeeren und in den Kolonien.

Besorgt über die Pläne Österreichs, das ihm den Raub Schlesiens nicht verzeihen wollte, wiederholte Friedrich II. noch einmal, was so gut funktioniert hatte: Er überfiel 1756 Sachsen. Damit brach er diesmal den Reichslandfrieden und löste den Dritten Schlesischen Krieg aus. Auf europäischer Ebene ging dieser als der Siebenjährige Krieg (1756-63) in die Geschichte ein. Nun stellte Friedrich erneut unter Beweis, dass er nicht nur ein Windhund war, sondern auch ein talentierter Feldherr mit eigenwilligen Strategien wie etwa der berühmten schiefen Schlachtordnung, die er aus antiken Schriften übernommen hatte. Dass er sie trotz einer herben Niederlage bei Kolin später wieder einsetzte, zeigt unter anderem, welch ein risikofreudiger Feldherr er war. Die Strategie der Überraschung, die geschickt geführte Wendigkeit seiner mittlerweile rund 180.000 Mann starken Armee sowie der Vorteil, König und eigener Feldherr zu sein, waren seine Pluspunkte. Dazu kam noch ein wesentliches Moment: Vor dem Tod hatte er keine Angst. Triumphale Siege und katastrophale Niederlagen wechselten sich ab. Nach der verheerenden Schlacht bei Kunersdorf 1759 bedauerte Friedrich zutiefst die Verluste, und doch hätte er zum Wohle Preußens nicht anders handeln wollen. "Zwei Pferde wurden mir unter dem Leib erschossen, mein Unglück ist, dass ich noch am Leben bin."

In den Schlachten war er an vorderster Front dabei, lebte wie seine Soldaten monatelang im Feldlager - wobei er auf sein tägliches Flötenspiel nie verzichtete -, und war bereits in den frühen Morgenstunden auf den Beinen, um seine Einheiten abzureiten. Zielstrebig vergrößerte er seine Armee, forderte strikten Gehorsam und harten Drill. Weil er jeden Mann brauchte, waren auch in Preußen Zwangsrekrutierungen und massenhafte Desertationen an der Tagesordnung. Der Unterschied zu anderen Machthabern lag darin, dass nach dem ersten Fluchtversuch eingefangene Soldaten nicht hingerichtet wurden. Nach dem Spießrutenlauf hatten sie wieder zu dienen - Strafe genug.

Diejenigen, die aus Überzeugung in die Armee eintraten, schritten hochmotiviert in die Schlacht, denn Friedrich war stets zugegen, hielt anfeuernde Reden. Nicht nur seinen Soldaten, sondern auch dem Volk zu Hause erklärte er mittels Streitschriften und Flugblättern die Notwendigkeit seiner Entscheidungen. Auch das war neu. Kein Herrscher vor ihm hatte es als wichtig erachtet, sein Handeln derart öffentlich zu begründen.

Häuserzeile in dem ersten, 1753 angelegten Kolonistendorf Neulietzegöricke im Oderbruch  
Neulietzegöricke © Roland Rossner, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn
Häuserzeile in dem ersten, 1753 angelegten Kolonistendorf Neulietzegöricke im Oderbruch

1763 schlossen, erschöpft und ausgelaugt, die europäischen Kriegsgegner in Paris und Hubertusburg einen Kompromissfrieden. Friedrich war am Ziel: Schlesien wurde Preußen offiziell zugesprochen, der nun kleinsten Großmacht Europas. Damit besiegelte er seinen Ruhm als der Große und galt obendrein als Held des protestantischen Vaterlandes. Johann Wolfgang von Goethe notierte später, man fühlte "fritzisch", nicht preußisch.

Jetzt konzentrierte er sich darauf, sein teilweise verwüstetes Preußen auf eine feste wirtschaftliche Grundlage zu stellen und der "Alte Fritz" zu werden. Innerhalb der ständischen Ordnung vergab er feste Aufgaben, wobei allein der preußische Adel Offiziere und höhere Beamte stellte. Die Landwirtschaft wurde umgestellt und die Kartoffel zum Massennahrungsmittel. Zudem ließ er Sumpfgebieten fruchtbares Land abringen, wie etwa bei seinem berühmtesten Projekt, der Trockenlegung des Oderbruchs, und er ließ Kolonisten werben. Die zentrale Bürokratie seines Vaters führte er weiter, straffe Steuern und ein scharfer Merkantilismus sollten die Staatskassen füllen. Außerdem zielte er mit dem Allgemeinen Landrecht auf eine Reform der Rechtsprechung, nach der jeder vor dem Gesetz gleichstehe. Beim durch Missernten und hohe Steuern gebeutelten Volk blieb er beliebt.

Das lag vermutlich an einem weiteren Verdienst: der Religionsfreiheit. "Die Religionen müssen alle toleriert werden und muß der Fiskal nur ein Auge darauf haben, daß keine der anderen Abbruch tue; denn hier kann jeder nach seiner Fasson selig werden", schrieb der vernunftorientierte Friedrich und hielt sich an sein Versprechen. Doch seine Haltung gegenüber dem Judentum war fragwürdig. Juden durften keinem bürgerlichen Beruf nachgehen, es sei denn, er hatte mit Geld zu tun. In Preußen geduldet, lebte die Mehrheit in großer Armut - wenn auch nicht verfolgt.

Friedrichs Selbstinszenierung fand weniger in der Zurschaustellung prächtiger Äußerlichkeiten, sondern mehr auf der intellektuellen Ebene statt. Vor allem an Voltaire (1694-1778) hatte er schon in frühen Jahren gesehen, welch großen Einfluss kluge Schriften auf die politische Meinung erlangen konnten. Er war der "Philosoph auf dem Thron", und so entsprach es seinem hochentwickelten Intellekt, sich mit philosophischen und militärpolitischen Veröffentlichungen zu positionieren. Kritische Meinungen oder die genüssliche Sezierung seiner Misserfolge duldete er, so lange sie nicht den Staat gefährdeten. Dies trug wohl auch zum Bruch mit Voltaire bei, der glaubte, auf Friedrich im Sinne des französischen Hofs politisch Einfluss nehmen zu können.

Dass die französische Kultur und Sprache Friedrich als das Höchste galten, führte zunächst zu einer Hochblüte in Preußen, in der besonders die Akademie der Wissenschaften in Berlin zu einer vielbeachteten Lehrstätte der neuen Aufklärung aufstieg. Doch aufgrund dieser Einseitigkeit hatte Friedrich in späteren Jahren nur beißenden Spott für die Wegbereiter des Sturm und Drangs übrig, die gegen die französische Vormacht für die deutsche Sprache und Kultur eintraten. So manche Reform bremste er dadurch aus, vielleicht ahnte er die Macht des bürgerlichen Geistes.

Vom Großen Friedrich zum Alten Fritz

In den 46 Jahren seiner Regierung und seinem kriegerischen "Rendezvous mit dem Ruhm" verlor er zahlreiche Weggefährten, durch frühen Tod - und durch seinen Zynismus. Friedrich bezeichnete sich selbst als der Eremit von Sanssouci. Sein Refugium, sein Sommerschloss hatte er bereits in der Rheinsberger Zeit gemeinsam mit dem Architekten Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff (1699-1753) entworfen. Über viele Jahre unzertrennlich, diskutierten sie über Architektur und Städtebau, gestalteten Potsdam zur Residenzstadt um, entwarfen Schloss Sanssouci und seinen wunderbaren Park, planten mit dem Forum Fridericianum das geistige und künstlerische Zentrum Berlins, das nahe dem Stadtschloss entstehen sollte.

Der Baumeister hatte die Formensprache des friderizianischen Rokoko entscheidend mitgeprägt. Wirkten die öffentlichen Bauten und Wohnhäuser eher streng, so ist Schloss Sanssouci der Inbegriff dieses beschwingten, aber nicht überladenen Stils.

An den Weinbergterrassen von Schloss Sanssouci in Potsdam befanden sich verglaste Nischen für Edelobst. Kirschen mochte Friedrich II. am liebsten.  
Potsdam, Schloss Sanssouci © Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg/Wolfgang Pfauder, Potsdam
An den Weinbergterrassen von Schloss Sanssouci in Potsdam befanden sich verglaste Nischen für Edelobst. Kirschen mochte Friedrich II. am liebsten.

Nach dem Zweiten Schlesischen Krieg 1745 wurde der Sommersitz auf dem künstlich angelegten Weinberg in nur zwei Jahren errichtet. Hier kam es bereits zu ersten Differenzen: Knobelsdorff meinte, der eingeschossige, pavillonartige Bau solle näher an den Weinbergstufen liegen, damit Friedrich auf den Park blicken könne, oder wenigstens ein Sockelgeschoss haben und unterkellert sein. Friedrich lehnte dies kategorisch ab. Er schneiderte sich seine maison de plaisance nach Maß: ein heller, ovaler Marmorsaal als zentraler Kuppelraum, in dem die geliebten Tafelrunden stattfanden. Rechts und links davon Appartements für die Gäste, die von der Terrasse aus zu erreichen waren. Im östlichen Flügel waren seine Privaträume untergebracht: Audienzzimmer, Konzertzimmer und das große Schlaf- und Arbeitszimmer. Von dort gelangte er in seine Bibliothek, aus deren Fens¬ter er durch einen Laubengang auf die antike Figur des Betenden Knaben blickte, und in die Kleine Galerie, in der er sich vor allem an den galanten Szenen von Antoine Watteau (1684-1721) erfreute.

Den geschätzten Baumeister überhäufte der königliche Freund mit Aufgaben, die dem dreizehn Jahre älteren Knobelsdorff zeitweise über den Kopf wuchsen. Und als es dem Energiebündel Friedrich zu langsam ging, kanzelte er auch Knobelsdorff ab: "Er executieret nichts, wie ich es haben will und ist faul wie ein Artilleriepferd." Unterschiedliche Auffassungen trübten das Verhältnis. Der Baumeister zog sich nach Berlin zurück, wo er 1753 starb.

Das Neue Palais am Park von Sanssouci wurde 1763–69 von den Baumeistern Johann Gottfried Büring und Carl von Gontard errichtet.  
Potsdam, Neuer Palais © Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg/Michael Lüder, Potsdam
Das Neue Palais am Park von Sanssouci wurde 1763–69 von den Baumeistern Johann Gottfried Büring und Carl von Gontard errichtet.

Bis zuletzt verrichtete Friedrich in seiner selbstgewählten Einsamkeit pflichtbewusst sein Arbeitspensum, inspizierte die Garnison in Potsdam. Als er am 17. August 1786 in dem berühmten Sessel in seinem Arbeitszimmer starb, lag ein ereignisreiches Leben hinter ihm. Ob die Meinungen der Nachwelt Friedrich zu Antworten reizen würden? Diese Frage rührt ihn sicher nicht mehr. Nach einer Odyssee seiner Gebeine, die damit begann, dass sein ungeliebter Neffe und Nachfolger Friedrich Wilhelm II. ihn in der Potsdamer Garnisonkirche neben seinem Vater bestatten ließ, ruht Friedrich II. seit 1991 endlich dort, wo er sein wollte: In seiner Gruft auf der Terrasse von Schloss Sanssouci neben seinen Windhunden.

Christiane Rossner

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1 Kommentare

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    Manfred Maronde schrieb am 21.03.2016 16:00 Uhr

    Ein gelungener Beitrag, Frau Rossner, gut formuliert und mit allen wesentlichen Fakten aus dem Leben des Preußenkönigs schlechthin, aus dem sogar ich noch einige neue Erkenntnisse gewinnen konnte, zugleich eine Erinnerung an Rheinsberg und Neuruppin, wo ich neun Jahre lang gelebt habe.

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